Weiblicher und progressiv

    Es weht ein innovativer und fortschrittlicher Wind in der Branche. Die Maler und Gipser begegnen mit Teilzeitarbeit, einem hohen Frauenanteil sowie modernen Technologien und coolen Nachwuchskampagnen den Herausforderungen und dem Fachkräftemangel im Baugewerbe – mit Erfolg.

    (Bilder: zVg) Silvia Fleury, Direktorin des Schweizerischer Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV: «Teilzeitarbeit ist unabdingbar, um Familie und Beruf zu vereinbaren.»

    Das Maler- und Gipsergewerbe gehört zu den grossen Branchen im Ausbaugewerbe. Schweizweit gibt es rund 4500 Maler- und Gipserbetriebe. Viele von ihnen – gerade im Malergewerbe – sind jedoch Einmann- oder Kleinstbetriebe. «Die im Berufsverband organisierten KMU weisen fünf bis sechs Mitarbeitenden auf. Es sind mehrheitlich diese Firmen, welche Lernende ausbilden», erklärt Silvia Fleury, Direktorin des Schweizerischer Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV. Allerdings nimmt die Anzahl Lehrbetriebe ab. «Viele Berufsbildner/innen scheuen den zunehmenden administrativen, aber auch finanziellen Aufwand, den die Ausbildung von Lernenden mit sich bringt. Diese Entwicklung bereitet uns Sorge, da nur gute Lehrbetriebe gute Fachkräfte hervorbringen», betont Fleury.

    Die Kreativen am Bau sind sehr innovativ und weitsichtig unterwegs. So sind die Maler und Gipser die erste Branche im Baugewerbe, die das Thema Teilzeitarbeit proaktiv angeht und bereits seit mehreren Jahren auch umsetzt: Der Frauenanteil mit 42 Prozent in der Erstausbildung bei den Malerinnen und knapp 3 Prozent bei den Gipserinnen – ist gross. «Deshalb ist Teilzeitarbeit unabdingbar, um Familie und Beruf zu vereinbaren.» Und Fleury ergänzt: «Dies ermöglicht uns, gut ausgebildete Fachkräfte einen attraktiven Arbeitsplatz zu bieten und somit zu halten. Es gibt zudem auch vermehrt Männer, die gerne Teilzeit arbeiten.» Die Branche trägt mit ihrem Teilzeitprojekt diesem gesellschaftlichen Wandel Rechnung – mit Erfolg. Ständige wichtige Themen sind auch moderne Technologien sowie die Nachhaltigkeit, die in der Maler- und Gipserbranche täglich umgesetzt werden.

    Berufe mit Perspektiven
    Die Kernkompetenz des SMGV ist die Aus- und Weiterbildung. Wie in den meisten handwerklichen Berufen ist die Nachfrage nach einer Berufslehre tendenziell geschrumpft. Dennoch absolvieren bei den Maler/innen EFZ 600 bis 800 junge Fachkräfte ihre Lehre, während es bei den Gipser-Trockenbauer/innen EFZ jährlich zwischen 80 und 100 Berufsleute in der deutschsprachigen Schweiz sind. Ausgebildet wird der Berufsnachwuchs in der Malerbranche in diversen Regionen und im Gipsergewerbe im neuen Bildungs- und Dienstleistungszentrum Wallisellen. Neben den beiden Berufen Maler/in EFZ und Gipser-Trockenbauer/in EFZ werden noch die Berufe Maler- und Gipserpraktiker/innen EBA angeboten. «Unsere Berufe haben alle viele Perspektiven», so Fleury. Die Weiterbildung bietet in beiden Berufen Entwicklungsmöglichkeiten von Vorarbeiter oder Baustellenleiter über Projektleiter bis Meister an. Dazu kommen Handwerk in der Denkmalpflege, Farbgestaltung, Schimmelpilzsanierung, Fachexperte und viele andere Weiterbildungen beziehungsweise Spezialisierungen. Die Reform Grundbildung im Maler- und Gipsergewerbe wurde eben abgeschlossen – allerdings ist dies zugleich der Anfang einer neuen Revision. Dazu Fleury: «Fachlich gesehen, hat die Reform die Ausbildung arbeitsmarktgerecht modernisiert. Weil sich die Anforderungen des Marktes schnell wandeln, ist vor allem in der Gipserbranche nun eine erneute Reform nötig.»

    Frauenpower: Der SMGV fördert die Teilzeitarbeit in der Branche und fährt eine breitgefächerte Nachwuchskampagne. Hier die Silbermedaillen-­Gewinnerin Sabrina Bosshard an den EuroSkills 2023 in Danzig.

    Nachwuchskampagne auf allen Ebenen
    Der Fachkräftemangel ist auch in der Gipser- und Malerbranche eine grosse Herausforderung: «Beide Berufe haben sich positiv entwickelt, allerdings ist dies in den Köpfen der Erziehungsberechtigten und Lehrpersonen teilweise noch nicht ganz angekommen. Hier sind wir mit Hochdruck daran, auch auf gesellschaftspolitischer Ebene einzugreifen», stellt Fleury fest. So beschäftigte sich der traditionelle Parlamentarieranlass mit National- und Ständeräten dieses Jahr mit der Frage, ob und warum der akademische Berufsweg in der Gesellschaft wichtiger als die Berufsbildung angesehen wird. Und dies, obwohl die KMU das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft ist. Im Zusammenhang mit der Nachwuchsrekrutierung hat der SMGV zudem seine Nachwuchskampagne aufgefrischt. Sie umfasst klassische und digitale Massnahmen. Diese beinhalten Berufsinformations-Webseiten sowie Social-Media-Kanäle. «Wir schalten unter anderem Ads-Kampagnen auf Instagram, TikTok und bei unserem Partner yousty.ch», so Fleury. Klassische Massnahmen sind Inserate und PR-Artikel, Berufsmessen und -meisterschaften sowie Werbeveranstaltungen jeglicher Art. Der engagierte Verband sensibilisierte auch via Kinowerbung und via Werbescreens in den öffentlichen Verkehrsmitteln für seine Berufe.

    Wichtige Imageförderung ist für dem SMGV die Teilnahme an den verschiedenen Berufswettbewerben SwissSkills, EuroSkills und WorldSkills: «Berufsmeisterschaften sind eine wichtige Massnahme zur Förderung von jungen Talenten in der Maler- und der Gipserbranche. Sie zeigen, dass der Berufsbildungsweg eine gute Alternative zu anderen Bildungsmodellen ist, und dass dieser Weg vielfältige Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten bietet», so Fleury. Wie die Goldmedaille des Urner Gipser­-Trockenbauers Iwan Arnold und die Silbermedaille der Zürcherin Malerin Sabrina Bosshard an den Euro­Skills im September 2023 zeigt, ist der Nachwuchs höchst erfolgreich unterwegs.

    Mit Vollgas in die Zukunft
    Der Verband engagiert sich auch auf politischer Ebene – beispielsweise, wenn es um ausufernde Regulierungen und Bürokratie geht, welche die Unternehmen zeitlich und finanziell unnötig belasten oder bei Themen bezüglich der dualen Berufsbildung. Das Zukunftspotenzial der Branche ist vielversprechend, bietet der Gebäudepark der Schweiz noch viele Möglichkeiten für die Branche. «Weit über die Hälfte der Immobilien in der Schweiz sind älter als 40 Jahre. Rund 1,5 Millionen Häuser sind energetisch wie auch generell sanierungsbedürftig. Hier können wir aus dem Vollen schöpfen», freut sich Fleury. Sie ist überzeugt, dass das Handwerk «goldenen Boden» hat und demzufolge für die Maler- und Gipserbranche eine rosige Zukunft vorhanden ist.

    Corinne Remund

    www.maler-werden.ch
    www.gipser-werden.ch
    www.smgv.ch


    DAS MACHT DER SMGV
    Über 100 Jahre Tradition

    Der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV ist der Berufs- und Arbeitgeberverband des schweizerischen Maler- und Gipsergewerbes. Er wurde am 31. Mai 1908 als Schweizerischer Maler- und Gipsermeister-Verband gegründet und vertritt derzeit die Interessen von rund 1’900 Maler- und Gipserbetrieben der deutschen, französischen und italienischen Schweiz. Für den damaligen Verband waren im Wesentlichen zwei Anliegen ausschlaggebend. Zum einen die Vereinigung im Kampf gegen übertriebene Forderungen der Gewerkschaften zum anderen die gemeinsame Bekämpfung der «lästigen Preisdrückerei». Als Branchenleader führt der SMGV die Verhandlungen mit den Sozialpartnern über Rahmen- und Gesamtarbeitsverträge. Diese sind für die gesamte Branche verbindlich. Der SMGV ist ein modernes, effizientes Dienstleistungszentrum und bietet seinen Mitgliedern, die in 33 Regionalverbänden organisiert sind, bedeutende Leistungen und Vorteile wie Technische und betriebswirtschaftliche Beratung und Expertenvermittlung, Mitarbeit bei nationaler und internationaler Normung und bei Regelwerken sowie ständiger Kontakt zu Industrie, Forschung und Praxis sowie deren Organisationen. Der engagierte Verband ist bestens vernetzt mit anderen Verbänden, Organisationen, Institutionen sowie Behörden und Politikern und agiert somit auch auf politscher Ebene.

    Eines der Kerngeschäfte des SMGV ist die Aus- und Weiterbildung. Dazu gehören auch Nachwuchswerbung und Berufsmeisterschaften. Im SMGV-Verbandsgebiet sind rund 15’000 Arbeitnehmende und ca. 1700 Lernende tätig.

    CR

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