Staatsunternehmen: Leistung und Auftrag

    Staatsunternehmen sind ein Problem – vor allem für KMU. Der Bundesrat macht alles, um nichts dagegen zu unternehmen. Also muss das Parlament das Heft selbst in die Hand nehmen.

    (Bild: pixabay) Unfair: Wenn Staatsunternehmen ihre Monopolrenten abschöpfen, um im KMU-Markt zu grasen.

    Staatsunternehmen gibt es auf allen Ebenen, Bund, Kantone und Gemeinden. Viele von ihnen existieren, um einen staatlichen Auftrag unternehmerisch zu erfüllen. Doch einige von ihnen setzen alle Privilegien ein, um die Wirtschaft zu konkurrenzieren. Die Privilegien sind ihre Staatsgarantie, die damit einhergehenden tieferen Zinsen, die Monopolgebiete und die Nähe zum Gesetzgeber. Wirklich «gruusig» wird es, wenn diese Unternehmen ihre Monopolrenten abschöpfen, um im KMU-Markt zu grasen.

    Typische Beispiele für das unmögliche Gebaren der Staatsunternehmen sind die bernische BKW und die Post. Beiden stopft der Staat Geld in den Rachen. Beide haben Monopolgebiete. Und beide benutzten ihre Gelder, um Unternehmen aufzukaufen, die in keinster Verbindung zu ihrem Leistungsauftrag stehen. Dass die Berner BKW noch Gewinn dabei macht, ist das kleinere Übel. Die Post, etwa mit ihrer PostFinance, die nicht einmal einen positiven Unternehmenswert hat, ist das noch grössere Trauerspiel.

    Fairer Wettbewerb
    Ständeräte Andrea Caroni (FPD/AR) und Beat Rieder (Mitte/VS) beauftragten den Bundesrat in einer Motion, «die nötigen Gesetzesänderungen vorzuschlagen, um Wettbewerbsverzerrungen durch Staatsunternehmen einzudämmen.» Die Motion wurde vom Parlament überwiesen. Was der Bundesrat daraus machte, ist eine Schande. Er kommunizierte:

    «Der Bundesrat hat … das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF beauftragt, ihm bis im dritten Quartal 2024 eine Ergänzung der Corporate Governance-Leitsätze vorzuschlagen. Mit dieser soll der faire Wettbewerb zwischen Bundesunternehmen und Privaten gestärkt werden.»

    Die Motion verlangt ausdrücklich Gesetzesänderungen. Der Bundesrat will ein Rundschreiben an Staatsunternehmen anpassen. Die Leitsätze haben keinerlei normative Kraft. Die beschlossene Anpassung ist nichts anderes als Verzögerungstaktik. Sie zeugt von mangelndem Respekt gegenüber dem Parlament.

    Parlament muss nachdoppeln
    Ständerat Beat Rieder formuliert es klar: «Der Bundesrat schickt sich allerdings eineinhalb Jahre nach der Überweisung der beiden Motionen lediglich an, über rechtlich kaum verbindliche Corporate Governance-Leitsätze zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund ist es nun Aufgabe des Parlaments, die nötigen Gesetzgebungsarbeiten selber an die Hand zu nehmen.»

    Entsprechend will er, in einer in der vergangenen Session eingereichten parlamentarischen Initiative, selbst die gesetzlichen Grundlagen anpassen, um festzulegen:
    «1. welche Leistungen Bundesunternehmen im Wettbewerb mit Privaten erbringen dürfen; 2. welche Rahmenbedingungen (namentlich Verhaltensvorschriften, Transparenz und Kontrolle) zu schaffen sind, damit fairer Wettbewerb zwischen Bundesunternehmen und Privaten gewährleistet ist.»

    Die parlamentarische Initiative Rieder (23.469) wurde in Zusammenarbeit mit der parlamentarischen Gruppe «fair ist anders» entwickelt. Diese Gruppe will die Staatsunternehmen auf ihren Auftrag fokussieren.

    Henrique Schneider

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    «Fair ist anders»

    Dass Staatunternehmen ihre Leistungsaufträge unternehmerisch erfüllen, ist kein Problem. Dass sie aber den Privaten Firmen Konkurrenz machen, ist ein Problem. Das thematisiert die Kampagne «fair ist anders.»

    (Bild: zVg) Immer mehr Unternehmen der öffentlichen Hand nutzen ihre Monopolstellung aus und werden mit neuen Dienstleistungen oder durch Firmenübernahmen zu direkten Konkurrenten der KMU. Ziel der Kampagne ist es zu sensibilisieren, zu informieren und mögliche Lösungsansätze zu diskutieren.

    Der Bund und die Kantone sind ganz oder teilweise an zahlreichen Unternehmen beteiligt. Diese Unternehmen nehmen einerseits Aufgaben im öffentlichen Interesse – etwa in der Grundversorgung – wahr und stehen andererseits privatwirtschaftlich in Konkurrenz zu Unternehmen aus der Privatwirtschaft. Die Abgrenzung zwischen dem Monopol- und Wettbewerbsbereich ist bei Staatsunternehmen oder staatsnahen Unternehmen oftmals nicht klar geregelt beziehungsweise die Übergänge sind in der Praxis fliessend.

    In einer freien Wirtschaft ist nichts gegen fairen Wettbewerb einzuwenden, doch müssen die Spiesse zwingend gleich lang sein. Diese Problemfelder sind nicht neu, die Politik hat das Thema aber bisher noch nicht in der nötigen Konsequenz geklärt. Dies will die Kampagne «Der Staat als Konkurrent: Fair ist anders!» nun mit einer breiten Informations- und Sensibilisierungskampagne ändern. Wo ist ist heute die Konkurrenz unfair?

    Die öffentlichen Unternehmen nutzen ihre Monopolstellung für direkten Zugang zu ihren Kunden, welche nicht freiwillig bei ihnen sind.

    Die öffentlichen Unternehmen setzen sich im Wettbewerb gegen private Gewerbebetriebe dank ihrer Kapitalkraft mit überhöhten Kaufpreisen und zu tiefen Arbeitsofferten durch.

    Da die öffentlichen Unternehmen sowohl Produktionsbetriebe wie Planungsbüros aufkaufen, umgehen sie oft eine ordentliche Ausschreibung.

    Öffentliche Unternehmen kaufen Gewerbebetriebe, welche Mühe mit der Nachfolgeregelung bekunden, zu übersetzten Preisen.

    Kein Neues Problem
    Die Problematik «Der Staat als Konkurrent» ist zwar nicht neu, die Politik hat das Thema aber bisher noch nicht in der nötigen Konsequenz geklärt. Dank der Gründung der Parlamentarischen Gruppe «Fair ist anders», den überwiesenen Vorstössen von Caroni / Rieder zur Eindämmung der Staatsunternehmen und einer wissenschaftlichen Studie «Der Staat als Teilnehmer am Wettbewerb» konnte die Kampagne bereits weitere wichtige Zeichen setzen. Wunschziel der Informations- und Sensibilisierungskampagne ist es, die möglichen Lösungsansätze – bestehend aus den drei Kernelementen Zweckartikel, Transparenz und Compliance – umzusetzen.

    Beispiel Post
    Wie passiert diese Konkurrenzierung ganz genau? Das Beispiel Post erklärt es. Die Post gestaltet ihre Schalterräume mehr und mehr zu kleinen Warenhäusern. Die Kunden sollen in ihrer Wartezeit, mit dem Kauf von Gütern aller Art, zusätzlichen Umsatz und Gewinn generieren.

    Zudem sorgen der Kauf der Berner Firma Livesystems im Aussenwerbemarkt und des Luzerner Start-ups Klara im Bereich der Bürosoftware für negative Schlagzeilen und Beschwerden bei der Post-Com.

    Die Post baut aber nicht nur den Service Public ab und weitet gleichzeitig die Shoppingtour aus, sondern hat Anfang 2021 einen Online-Shop aufgeschaltet, welcher die private Plattform Swiss-Made Direct kopiert hat. Nach einer Beschwerde bei der PostCom wegen Marktverzerrung wurde dieser wieder eingestellt.

    Warum ist das ein Problem?
    Dadurch, dass die Schweizerische Post in ihren Schalterhallen Handel mit verschiedensten Waren betreibt, gehen dem Detailhandel jährlich hunderte Millionen Franken verloren. Diese zusätzliche Verkaufs-Tätigkeit übersteigt den Service-Public Auftrag der Post.

    Ob es Aufgabe der Post ist, eigene Transportunternehmungen, Occasionshandel, Treibstoffhandel- sowie Informatikangebote für das Gesundheitswesen anzubieten, kann zumindest hinterfragt werden. Dies gilt auch für die von der Post angebotenen Publikationslösungen im Bereich der Fachmedien. Auch hier erbringt die Post Leistungen, die auf dem Markt von verschiedenen KMU bereits zu besten Bedingungen erhältlich sind.

    Diese Entwicklung ist volkswirtschaftlich ebenfalls sehr bedenklich. Mit der Übernahme von Livesystems konnte die Post ihre private Konkurrenz mit einem vermutlich übersetzten Übernahmeangebot überbieten. Die Post wird damit ein wichtiger Player in der reichweitenorientierten, öffentlichen Aussenwerbung. (z. B. auch für politische Werbung) und konkurrenziert die privaten Anbieter im umkämpften Markt der analogen und digitalen Aussenwerbung direkt.

    Auch mit der Übernahme von KLARA sorgt die Post für staatliche Konkurrenz in einem hart umkämpften Markt und integriert Angebote, die anderen Marktteilnehmern wie bexio oder Abacus nicht zur Verfügung stehen. Gemäss Brancheninsidern war der Kaufpreis, den die Post bezahlte, auch hier sehr hoch und dürfte mit Mitteln aus der Monopolrente finanziert worden sein.

    Wie geht es weiter?
    Die Kampagne «fair ist anders» ist auf Dauer ausgerichtet. Einerseits geht es darum, zu sensibilisieren. Andererseits werden konkrete politische Schritte umgesetzt. Sie erfolgen auf der Ebene des Bundes und der Kantone.

    Henrique Schneider

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    So Nöd

    Neben «Fair ist anders», eine Kampagne unter der Leitung der Berner KMU, gibt es den Verein «So Nöd». Auch dieser organisiert Unternehmen, die sich gegen die Aktivitäten der Staatsbetriebe wehren. Dabei steht vor allem das Netzwerken unter betroffenen Unternehmen im Vordergrund. Damit können Erfahrungen ausgetauscht und Fälle aufgedeckt werden. Diese dienen wiederum als Grundlage für politischen Druck.

    «Fair ist anders» und «So Nöd» ergänzen sich. Entsprechend koordinieren sie ihre Aktivitäten und Kommunikation. Beide sammeln Fälle und Fouls von Staatsunternehmen gegen private Konkurrenz. Beide sind für entsprechende Meldungen dankbar. Denn politischen Druck kann man nur ausüben, wenn man konkrete Beispiele hat. «Je mehr konkrete Missstände wir aufdecken, desto mehr können wir gemeinsam bewegen.»

    «So Nöd» beschreibt sich so: «Wir setzen uns für fairen Wettbewerb zwischen staatlichen/staatsnahen Betrieben und Unternehmen der Privatwirtschaft ein. Die staatlichen und staatsnahen Betriebe sollen bei ihren Leistungsaufträgen bleiben und private Firmen nicht unfair konkurrenzieren. So stärken wir das freie Unternehmertum und entlasten die Steuerzahler.»

    Henrique Schneider

    Weitere Informationen zu
    beiden Organisationen:
    www.so-noed.ch
    www.fair-ist-anders.ch

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